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10-Punkte-Programm: Was die Installations- und Gebäudetechnik zu den Klimazielen beiträgt

„Die österreichischen Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker sind starke Partner der Politik bei der Umsetzung der ambitionierten Ziele und Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel“, betont Bundesinnungsmeister KommR Ing. Michael Mattes.

 

Allerdings wissen die Gebäudetechniker, die durch ihre Ausbildung in Bauphysik, Installationstechnik und Gebäudeenergie umfassend qualifiziert sind, durch ihre Kundenkontakte am allerbesten, woran es in der Praxis krankt. „Nur durch leistbare Maßnahmen werden wir die erforderliche Sanierungsrate und damit CO2-Einsparung erreichen können“, gibt Mattes zu bedenken: „Aus der Praxis ist bekannt, dass die staatliche Förderung nur einen sehr kleinen Teil der Investition abdeckt und erhebliche Restkosten beim Endverbraucher verbleiben.“

 

Worum geht es konkret? Auf Basis der EU-Gebäuderichtlinie EPBD sieht das aktuelle Regierungsprogramm eine Erhöhung der Sanierungsrate in Richtung drei Prozent vor. Dieses Ziel wird aber schwierig zu erreichen sein, denn die bisher erkennbaren Ansätze der Phase-out-Schritte und auch einige Aspekte der Energieraumplanung wirken wie ein Technologieverbot und eine Modernisierungsbremse.

 

„Der Endverbraucher hat gegenwärtig keine freie Wahl des Energieträgers und der Technologie“, sagt der Bundesinnungsmeister: „So ist zum Beispiel aus fachlicher Sicht das generelle Verbot dezentraler Gas-Kombi-Brennwertthermen ab zwei Wohneinheiten, obwohl diese effizienter sein können als eine Zentralanlage, nicht akzeptabel. Noch schlimmer wiegt, dass auch zukünftige CO2-freie Technologien mit grünem Gas und künstlichem Heizöl verhindert werden.“

 

Die österreichischen Heizungs- und Gebäudetechniker bekennen sich zum nachhaltigen und energiesparenden Betrieb von Heizungen und möchten dazu ihren Beitrag leisten. Aus diesem Grund schlägt KommR Ing. Michael Mattes im Namen der Bundesinnung der Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker 10 Punkte für eine effektive und effiziente Umsetzung der aktuellen Umwelt- und Klimaziele am Stand der Installations- und Gebäudetechnik vor.

 

1. Freie Wahl des Energieträgers

Verbraucher und Unternehmen müssen im Sinne der Privatautonomie je nach ihren ökonomischen und den technischen Möglichkeiten frei den gewünschten Energieträger wählen können – sowohl für zentrale wie auch für standortnahe dezentrale Anwendungen.

 

2. Faire CO2-Rechnung

Für eine objektive Bewertung müssen faire und gleiche Spielregeln für alle gelten. Derzeit werden monopolisierte Energieträger CO2-frei gerechnet, das gilt beispielsweise für Fernwärme oder die rein hypothetische Verwendung von Photovoltaik-Strom aus dem Sommer für das Heizen im Winter.

 

3. Effiziente Modernisierung

Durch den Tausch veralteter Heizungstechnik lässt sich die Effizienz steigern. Allerdings sollte dabei die bestehende Infrastruktur für bivalente Wärmeerzeuger genutzt werden können - indem zum Beispiel eine Umweltheizung wie die Wärmepumpe mit konventionellen Wärmeerzeugern für Gas oder Öl kombiniert wird. Das reduziert CO2, senkt die Kosten und wahrt das Grundrecht des freien Eigentums.

 

4. Mehr Forschung und Förderung

Beim Einsatz effizienter erneuerbarer Technologie gibt es dringenden Handlungsbedarf für verstärkte Forschung und erhöhte Förderanstrengungen, etwa:

- Verwendung von grünem Gas und erneuerbarem Öl mit effizienter Anwendungstechnik (z.B. Nutzung der bestehenden Infrastruktur im bivalenten Betrieb mit Wärmepumpen. So ließen sich die Stromnetze entlasten und Importstrom in der kalten Jahreszeit reduzieren)

- Verwendung von grünem Gas mit gasbetriebenen Wärmepumpen sowie Brennstoffzellen und Mikro-Kraft-Wärme-Kopplung für eine dezentrale, standortnahe Strom- und Wärmegewinnung

- photovoltaische und thermische Solaranlagen nur in Kombination mit entsprechenden Strom- und Wärmespeichern

 

5. Ehrlicher CO2-Footprint

Eine wirklich objektive Bewertung der Emissionen müsste über die gesamte Wertschöpfungskette erfolgen. Das bedeutet:

- Berechnung der tatsächlichen CO2-Emissionen aller Energieträger. Dazu gehören alle Emissionen eingerechnet, die bei der Gewinnung, dem Transport, der Bereitstellung der Energie und der Entsorgung von Reststoffen anfallen.

- Der österreichische Strom-Mix sollte unter Anwendungsbedingungen und Energieträgerneutralität bezogen auf den inländischen Verbrauch evaluiert werden. Dazu müssten beispielsweise auch der Transport von Holz aus dem Ausland zur Verfeuerung in Österreich oder die aufgewendete Hilfsenergie und Wärmeverluste in der Bereitstellung über Rohrleitungen (Fernwärme) berücksichtigt werden.

- Die CO2-Emissionen, die bei der Verbrennung von Energieträgern anfallen, werden nicht gemessen, sondern anhand des Kohlenstoffgehaltes und Heizwertes berechnet. Die Ermittlung dieser sogenannten CO2-Konversionsfaktoren muss nachvollziehbar sein.


6. Flexiblere Energieraumplanung

Bei Renovierungen im Altbestand sollte von bestehenden Energieraumplanungen abgewichen werden können, damit eine freie Wahl des Energieträgers für zentrale und dezentrale Techniken möglich ist und erneuerbare Energie weiterentwickelt und verbreitet werden kann.

 

7. Effizienzpotenziale heben

Die Gebäudeeffizienzrichtlinie (EU) 2010/31 Artikel 14 sollte in folgenden Schritten umgesetzt werden:

- In Österreich könnten große Effizienzpotenziale aufgezeigt und gehoben werden, indem Inspektionen von Heizungsanlagen ab 20 kW im privaten und öffentlichen Wohnbau vorgenommen würden – statt erst ab 70 kW, wie es die Richtlinie (EU) 2018/844 jetzt vorsieht.

- Damit die Qualität dieser Inspektionen sichergestellt ist, muss die Qualifikation nach ON-Regel 85000 („Anforderungen an die Zusatzqualifikation in Teilbereichen der Haustechnik - Inspektion und umfangreiche Überprüfung von Heizungs- und Klimaanlagen“) gesetzlich verbindlich verankert werden.

- Eine derartige Heizungsinspektion muss die Voraussetzung und Grundlage zur Ausstellung eines Energieausweises im Bestandsgebäude bilden: Dadurch könnten anstelle von standardmäßig verwendeten Default-Werten die tatsächlichen Daten erfasst werden.

 

8. Umsetzung der Öko-Design-Richtlinie

Die Öko-Design-Richtlinie fand keinen Eingang in die Bauordnungen der Bundesländer, dadurch wurde sie seit 2015 österreichweit vernachlässigt und nicht umgesetzt. Alleine die lückenlose Umsetzung – im Sinne eines konsequenten Ersatzes alter Heizwerttechnik durch moderne Brennwerttechnik – würde ein jährliches Vermeidungspotenzial von mehr als 20.000 Tonnen CO2 bringen.

 

9. Besser Lüften in Zeiten der Pandemie

Der Energiebedarf könnte zudem verringert werden, indem eine kontrollierte Wohnraumlüftung (mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung) in jeder Lüftungsanlage (in Wohnung, Klassenzimmer oder Büro) vorgegeben würde. Diese Form des hygienischen Luftwechsels wäre speziell in Corona-Zeiten besonders wichtig.

 

10. Österreichweite Strategie

Die Erarbeitung einer österreichweiten Energiestrategie sollte unter Einbindung aller Experten erfolgen – und unter Beachtung der Gesetze der Physik.

 

Fazit: Die ambitionierten umweltpolitischen Ziele können nur mit leistbaren Vorgaben für die Betreiber und Errichter der Anlagen sowie mit entsprechenden Speicherungssystemen erreicht werden. So muss Energie in Zeiten, in denen sie leicht und umfassend zur Verfügung steht, gespeichert werden, um sie mit effizienten Techniken dann verwenden zu können, wenn sie nicht ausreichend vorhanden ist. Mehr Forschung ist nötig, damit die neuesten Speichertechnologien am Markt zu annehmbaren Preisen für Anlagenbetreiber angeboten werden.

 

Die Bundesinnung wird die Umsetzung der bestehenden Umwelt- und Klimaziele verstärkt in den Fokus ihrer Interessenarbeit der kommenden Jahre nehmen und damit ihren Beitrag für eine planmäßige Umsetzung der umweltpolitischen Vorgaben leisten.

 

„Wir hoffen damit auf eine sinnvolle und vor allem machbare Umsetzung im Sinne der Betreiber und Errichter der Anlagen“, sagt Bundesinnungsmeister Mattes.

 

Wien, Oktober 2020

 

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